Was ist Gemmotherapie – alle Infos & Tipps

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Mit Knospen heilen, geht das? Die Frage taucht auf, weil die jungen Pflanzenteile bei der Gemmotherapie die Grundlage für gesundheitsfördernde Mazerate bilden. Welche Bedeutung hat die Therapieform und wie definiert sie sich? Dieser Artikel gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Gemmotherapie.

Definition der Gemmotherapie

Die Gemmotherapie gehört zu den Phytotherapien. Der Begriff leitet sich vom lateinischen Wort „gemma“ ab, das für „Knospe, Juwel“ steht.

Bei dieser Therapieform kommen gesundheitsfördernde Mazerate zum Einsatz. Zur Herstellung der pflanzlichen Mittel dienen Auszüge aus jungen, sich im Wachstum befindenden Pflanzenteilen von Bäumen und Sträuchern.

Ursprung und Geschichte

Ihren Ursprung hat die Gemmotherapie im 12. Jahrhundert. Damals empfahl Hildegard von Bingen acht Knospen für Heilzwecke. Einige davon spielen seit Mitte des 20. Jahrhunderts für die Gemmotherapie eine wichtige Rolle. Dazu zählen die Schwarze Johannisbeere, die Silberlinde und die Birke.

In den 1950er-Jahren ließ sich der belgische Arzt Dr. Pol Henry von der Frischzellentherapie des Schweizer Arztes Dr. Paul Niehans inspirieren, ein Mittel herzustellen, das die Immunabwehr des Menschen stärkt. Zudem sollte es chronische Erkrankungen verbessern und den Körper verjüngen.

Als ihm das mithilfe von embryonalen Pflanzengeweben gelang, nannte er seine Methode Phytoembryopathie. Ihren jetzigen Namen Gemmotherapie erhielt sie erst durch Dr. Max Tétau, einem französischen Arzt. Dieser Begriff verdeutlicht, dass bei der Herstellung der Knospenauszüge (Gemmomazerate) die kostbarsten Pflanzenteile zum Einsatz kommen. Denn die Auszüge enthalten die vollständige Regenerations- und Heilkraft eines Baumes oder eines Strauches.

Dennoch gilt Dr. Pol Henry als Begründer der in Deutschland noch wenig bekannten Gemmotherapie. In der Schweiz, in Italien und auch in Frankreich verbreitete sie sich schneller. Sie hielt bereits 1965 Einzug in das Französische Arzneibuch. Bestandteil des Europäischen Arzneibuches ist die Therapieform erst seit dem Jahr 2011.

Grundprinzipien der Methode

Die Gemmotherapie besteht aus fünf Grundprinzipien:

Sanft wirkend: Die Gemmotherapie ist eine sanfte Methode ohne bekannte Nebenwirkungen.

Regulation des Organismus: Die Therapieform soll insbesondere bei chronischen Beschwerden die Körperfunktionen ins Gleichgewicht bringen und Selbstheilungskräfte aktivieren.

Individuelle Anpassung: Die Gemmotherapie ermöglicht es, durch Kombinationen verschiedener Knospenextrakte, die Therapie auf den einzelnen Patienten abzustimmen.

Herstellung als Mazerat: Verwendung von teilungsfähigem Pflanzengewebe (Embryonalgewebe) zur Herstellung eines Mazerats (Auszugs).

Tipp: Lagern Sie die Knospenextrakte an einem kühlen, dunklen Ort. Damit erhalten Sie die Wirksamkeit.

Verwendete Pflanzenteile (Knospen, Triebe, Wurzelspitzen)

Zur Fertigung eines Mazerats mithilfe einer Alkohol-Glycerin-Lösung greifen die Hersteller zu Knospen, Trieben und Wurzelspitzen, da diese im Vergleich mit anderen Pflanzenteilen eine hohe Konzentration von wichtigen Wachstumshormonen zur Bildung von Zellen aufweisen. Zudem enthalten die jungen Pflanzenteile Vitamine und Enzyme in großer Menge.

Wirkstoffe und ihre Besonderheiten

Welche und wie viele Wirkstoffe die Knospen enthalten, unterscheidet sich. Dennoch sind in allen von ihnen Flavonoide, pflanzliche Hormone sowie Aminosäuren und Proteine in beachtlichen Mengen zu finden.

Zu den Wirkstoffen in den Knospen zählen:

Isoflavone: wirken wie Östrogen.

Ätherische Öle: antimikrobiell und antientzündlich.

Abscisinsäure: dient der Eiweißspeicherung und verschafft der Knospe die benötigte Ruhe zur Samenkeimung.

Polyphenole: wehren Angriffe von aggressiven freien Radikalen ab.

Auxine: schützen vor Bakterien, Pilzen und Viren und fördern bei Wurzeln und Stängeln das Streckenwachstum. Zudem unterstützen sie die Reifung und das Aufbrechen der Knospen.

Zytokinine (Cytokinine): sind pflanzliche Hormone, die den Wasserhaushalt regulieren. Zudem fördern sie die Zellteilung in den Wachstumszonen, den Merestimen.

Gibberelline: zählen zu den Wachstumshormonen (Phytohormonen). Sie verbessern das Wachstum, die Keimung sowie die Blüte.

Anwendungsgebiete und Indikationen

Die Wirksamkeit der Gemmotherapie ist aufgrund eines Mangels an groß angelegten Studien noch nicht bewiesen. Dennoch berichten Therapeuten und Patienten von positiven Erfahrungen.

Diese setzen die Methode ein, um das menschliche Immunsystem zu unterstützen und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Zudem soll die Gemmotherapie bei der Entgiftung helfen und psychosomatische und nervöse Leiden lindern. Weitere Indikationen sind Migräne, Schlafstörungen sowie Allergien.

Zudem wenden Therapeuten diese Methode bei Erkrankungen der Haut und des Magen-Darmtrakts sowie bei Stress und Stoffwechselerkrankungen an. Zusätzlich beugt die Gemmotherapie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor.

Nebenwirkungen waren bisher nicht zu beobachten. Wenden Sie sich dennoch unbedingt an einen Arzt oder Heilpraktiker, bevor Sie Gemmopräparate anwenden.

Tipp: Führen Sie Buch über die Einnahme und die Wirkung der Gemmotherapie. Damit helfen Sie Ihrem Arzt oder Therapeuten, Anpassungen für ein optimales Ergebnis vorzunehmen.

Gemmotherapie im Vergleich zu anderen Naturheilverfahren

Die Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte Gemmotherapie ist im Vergleich zu anderen praktizierten Naturheilverfahren jung. Sie nutzt die Kräfte der embryonalen Pflanzenteile und verarbeitet diese zu einem Mazerat.

Ausgangssubstanzen homöopathischer Arzneien sind ganze Pflanzen oder Pflanzenteile, Pilze, Metalle und Mineralien. Die Homöopathie hat statt einer regulierenden Wirkung, wie sie die Gemmotherapie anstrebt, das Ziel, die Selbstheilungskräfte anzuregen. Sie nutzt dazu potenzierte und stark verdünnte Substanzen.

Die Phytotherapie greift zur Behandlung von Symptomen auf ganze Pflanzen oder deren Teile zurück. Diese verarbeitet sie zu Öl, zu einer Tinktur oder zu Tee. Die Wirkung hängt von der verwendeten Pflanze ab.

Die Spagyrik behandelt psychosomatische, entzündliche und allergische Erkrankungen mit Pflanzen, Metallen und Planeten. Ihr Ziel ist es, die imaginäre Lebenskraft positiv zu beeinflussen und dadurch die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Zur Herstellung von Präparaten werden die Komponenten des Urstoffs, aus dem alle existierenden Stoffe hervorgehen, getrennt und zu spezifischen Kombinationen zusammengesetzt.

Fazit

Die Gemmotherapie ist eine moderne Alternative zu den althergebrachten Naturheilverfahren wie die Phytotherapie, die Homöopathie und die Spagyrik. Die Wirkung der Knospenextrakte ist umstritten und bis heute (Stand Juli 2025) zu wenig untersucht. Anwender und Therapeuten berichten jedoch von Erfolgen.

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